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Dr. Gustav Landgraf (1913-1924)
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Dr. Gustav Landgraf, der fünfte Schulleiter des Maximiliansgymnasiums und Dr.
Weckleins Nachfolger, kommt ebenfalls aus Franken. Geboren wurde er 1857 in Lichtenfels.
Nach seinem Abitur am Gymnasium Bayreuth studierte er klassische Philologie, Deutsch und
Geschichte an den Universitäten Erlangen und Würzburg und promovierte 1877. Nach dem
Militär ging er 1879 in den Schuldienst. Bevor er ans unsere Schule kam, war er ein Jahr
Leiter des Gymnasiums Schweinfurt und sieben Jahre in Bayreuth.
Fachwissenschaftlich machte sich Landgraf einen Namen als Herausgeber der Reden Ciceros
und einer lateinischen Schulgrammatik, einem Lehrbuch, das lange in Deutschland geschätzt
und auch ins Französische und Italienische übersetzt wurde. Übrigens trägt die heute
(1998) gebräuchliche Grammatik von Bayer/ Lindauer im Titel den Zusatz: "Auf der
Grundlage der Lateinischen Schulgrammatik von Landgraf-Leitschuh".
Seine Amtszeit fiel in die schwere Zeit des 1. Weltkriegs und dessen Nachwehen. Landgraf
musste miterleben, wie sein neues wunderschönes Gebäude von der Heeresverwaltung
beschlagnahmt und fünf Jahre lang mit Truppen belegt, von Oktober 1918 bis April 1919
zusätzlich als Lazarett genutzt wurde.
Das Maximiliansgymnasium kam in dieser
Zeit in den Räumen des Ludwigsgymnasiums unter, dort, wo es von König Max II. Gegründet
worden war. Beide Gymnasien unterrichteten in wöchentlichem Wechsel vor- bzw.
Nachmittags. Das Raumproblem löste sich allerdings bald, als die oberen Klassen des
Maximiliansgymnasiums entweder aufgelöst oder ihre Schüler dem Ludwigsgymnasium
zugeschlagen wurden, weil ein Großteil der Schüler einen Einberufungsbefehl erhielt oder
freiwillig in die Wehrmacht eintrat.
Während des harten Winters 1916/17 musste der Lehrbetrieb zeitweise ganz eingestellt
werden. Ihre Anhänglichkeit an ihre alte Schule beweisen zahlreiche ergreifende
Feldpostbriefe von Schülern und Lehrern an Schulleitung und Lehrerschaft.
Im Schuljahr 1918/1919 nutzte das Maximiliansgymnasium die Gastfreundschaft des Alten
Realgymnasiums, da die Rotgardisten das Gebäude nach der Auflösung des Kriegslazaretts
zwei Monate lang (im April und Mai 1919) besetzten, bevor sie von Regierungstruppen
vertrieben wurden, die sich ihrerseits für kurze Zeit einquartierten. In diesen Monaten
fand überhaupt kein Unterricht statt.
Dr. Landgraf veranlasste nach diesen wilden Revolutionsmonaten eine gründliche
Renovierung der Schule, bevor seine Schüler und Lehrer am 15. September 1919 wieder
einziehen konnten.
In den schlimmen Jahren der Inflation 1923 verfielen die Stipendien für
einkommensschwache Familien, von denen der Schulleiter 1917/18 noch 1200 M verteilen
konnte. Dafür wurde die Frühstücksspeisung eingeführt, die bis 1925 bestand und an der
bis zu 160 Schüler teilnahmen (1/4 l gekochte Vollmilch und eine Doppelsemmel).
Unruhe in den Schulbetrieb brachte auch das "verrückte Schuljahr": Das
Schuljahr 1920/21 wurde verkürzt, das neue begann bereits nach den Osterferien, begrüßt
von Eltern und Schülern, abgelehnt von Lehrern und Schulärzten.
Neben Landgraf setzten sich besonders seine Mitarbeiter Dr. Hans Bauerschmidt und Dr.
Ernst Wüst für den Fortbestand des humanistischen Gymnasiums ein und trugen dazu bei,
dass die in den Kriegsjahren geforderte Deutsche Einheitsschule (mit den
"Kernfächern" Religion, Deutsch, Geschichte, Erdkunde und
"charakteristischen Fächern" des jeweiligen gymnasialen Typs) in Bayern nicht
umgesetzt wurde. Allerdings konnten auch sie nicht verhindern, dass das Fach Latein
stundenmäßig zugunsten von Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen zurückgedrängt
wurde.
Nach seiner Pensionierung zum Halbjahr 1923/24 konnte Landgraf noch acht Jahre seinen
Ruhestand genießen, bis er am 10. Februar 1932 im Alter von 75 Jahren verstarb. |
1913 |
- 1.9.1913: Rektor Dr. Wecklein wird mit seiner
Pensionierung Kgl. Geheimer Hofrat. Nachfolger Weckleins wird Dr. Landgraf vom Gymnasium
Bayreuth
- 14.12.1913: Das Maximiliansgymnasium feiert das
25-jährige Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelms II.
- Die "Vereinigung der Freunde des
humanistischen Gymnasiums" wird gegründet
- Konrektor Dr. Rothlauf erhält das Luitpoldkreuz
für 40-jährige Tätigkeit, ebenso Turnlehrer Alfons Thoma
- Max Leitschuh wird Referendar am
Maximiliansgymnasium
- 29.1.1914: "angeordnete" Huldigungsfeier
anläßlich der Thronbesteigung Ludwigs III.
- 14./15.2.1914: Universitätsprofessor Dr. Voßler,
Mitglied des obersten Schulrates, visitiert den neusprachlichen Unterricht
- Militärische Belegung des Maximiliansgymnasiums
mit zwei Kompanien des hessisch-thüringischen Freicorps "Waldeck"
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1914 |
Neue Schulordnung seit 30. Mai 1914
(sog. Melbersche Schulreform) mit dem Ziel, "Schüler auf religiöser Grundlage zu
sittlicher Tüchtigkeit zu erziehen, ihnen eine höhere allgemeine Bildung in
vaterländischem Geiste zu gewähren und sie zu selbständiger Geistesarbeit fähig zu
machen"
- Erstmals mit eingehenden methodischen Anweisungen
für die einzelnen Fächer und eine genaue Verteilung des Lehrstoffes auf die einzelnen
Klassen
Vermehrung der Gesamtstundenzahl
in den Pflichtfächern der Gymnasien von 243 auf 263, später sogar auf 280 (34 mehr als
in der Schulordnung von 1891), vornehmlich zugunsten der modernen Sprachen und der
mathematisch-naturkundlichen Fächer
Veränderung der
Unterrichtswochenstunden: Latein verliert drei, Deutsch gewinnt vier,
Französisch drei, Mathematik und Physik zusammen vier, Erdkunde eine, Geschichte zwei,
Naturkunde fünf, Zeichnen zwei Wochenstunden
- Einführung von zwei Spielstunden in Turnen
- Neu: Notenausgleich für die beiden letzten
Jahrgangsstufen
Schichtunterricht für die
zwei unteren Klassen in den Räumen des Ludwigsgymnasiums
- Erste Zusammenstellung aller am
Maximiliansgymnasium verwendeten Lehrbücher
- 16.1.1915: Andreas Schwerd, der spätere Rektor,
kommt aus Augsburg als Lehrer ans "Max" für die alten Sprachen, Deutsch und
Geschichte
- "Militärische Jugenderziehung" wird
Pflicht
- In Turnhalle und Schulhof werden Truppenteile
untergebracht und ausgebildet
- Schichtunterricht für alle Klassen, abwechselnd
wöchentlich mit den Schülern des Ludwigsgymnasiums
- Unterricht in Kurzstunden (vormittags 45 Minuten,
nachmittags 40 Minuten)
- Wahlunterricht wird reduziert, später nach
Scharlachfall beim Militär überhaupt kein Wahlunterricht mehr
- Sechs Lehrer gehen als Offiziere, 37 Schüler
melden sich freiwillig zum Heeresdienst; "nahezu alle 39 Absolventen eilen "als
Fahnenjunker oder Kriegsfreiwillige "zu den Fahnen"
- Notreifeprüfungen für Achtklässler
- Zum ersten Mal (moderne) Schülerstatistik im
Jahresbericht
- Beilage aus Feldpostbriefen zum Jahresbericht
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1915 |
Gesamter Unterricht am
Ludwigsgymnasium; das Gebäude an der Morawitzkystraße bleibt reserviert für
Truppenausbildung
- Einführung von Spielnachmittagen (wenn
Vormittagsunterricht)
- Ausführliches Verzeichnis der Kriegsteilnehmer im
Jahresbericht
- Kriegssammlung bringt am Maximiliansgymnasium
28000 M; auch großer Erfolg mit Gold- und Altpapiersammlung
- Militärische Jugenderziehung soll in der Form der
Rekrutenvorschule etabliert werden, jedoch pädagogische Problematisierung und
schwindendes Interesse der Schüler dafür
- Drei kleinere Schulfeiern anlässlich deutscher
Siege
- Kirchenrat Metzger, langjähriger Lehrer für
evangelische Religion, stirbt im 70. Lebensjahr, einen Monat nach seiner Pensionierung
- Kriegsteilnehmer aus der 9. Klasse erhalten
Reifezeugnis ohne Prüfung
- Im Anhang des Jahresberichtes sind wieder
Feldpostbriefe an die Schulleitung abgedruckt
- Einführung des vaterländischen Hilfsdienstes
für Schüler über 17 Jahre, die nicht im Heer dienen
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1916 |
- Erste große Kriegsverluste unter den Schülern
des Maximiliansgymnasiums (sechs aus der 9. Klasse)
- Erschütternde Briefe von Kriegsteilnehmern an den
Rektor
- Zum ersten Mal kein Abitur am
Maximiliansgymnasium; die restlichen drei Neuntklässler absolvieren die Abiturprüfung am
Ludwigsgymnasium
- Viele Lehrer werden überflüssig und ans
Realgymnasium abgeordnet
- 21.4.17: Konrektor Dr. Rothlauf stirbt nach 26
Jahren Tätigkeit am Maximiliansgymnasium
- Landgraf erhält Verdienstorden vom hl. Michael
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1917 |
- 58 Schüler sind (noch) im Krieg, neun fallen
- Die Schule erhält vom bayerischen König Ludwig
III. Ein Diplom für "verdienstvolle Kriegsarbeit in der Heimat"
- Priester Dr. Johann Ketterer wird zur Umarbeitung
des Lehrbuchs für den Katholischen Religionsunterricht der Oberstufe beurlaubt
- Zahlreiche Feiern am Maximiliansgymnasium, u.a.
Wegen des 70. Geburtstages von Hindenburgs und Siegen an der italienischen Front, zum 400.
Jahrestag der Reformation, zum goldenen Hochzeitsjubiläum des bayerischen Königspaars
- Aus Anlaß des Friedensschlusses mit Rußland gibt
es am 5.3 schulfrei, ebenso am 25.5. (100-Jahr-Feier der bayerischen Verfassung)
- 30.6.1918: Erster Dokumentarfilm am
Maximiliansgymnasium gedreht: "Wehrturn-Tag des bayr. Wehrkraftvereins zu
München"
- Turnlehrer Alfons Thoma wird nach 40-jähriger
Tätigkeit am Maximiliansgymnasium pensioniert
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1918 |
- Von Oktober 1918 bis April 1919 bleibt die neue
Schule Lazarett, danach von Rotgardisten besetzt und schließlich nach deren Vertreibung
Quartier des Freikorps Lützow
- Unterricht in den Pflichtfächern wird in den
Räumen des Alten Realgymnasiums gegeben in Kurzstunden zu 45 Minuten, mit dem
Nachbargymnasium abwechselnd vor- und nachmittags, nur der Wahlunterricht in Englisch und
Italienisch wird im Lehrerzimmer des Maximiliansgymnasiums erteilt
- Der Naturkundeunterricht wird um 1 Wochenstunde,
der altsprachliche Unterricht um 2 Wochenstunden gekürzt; Sport wird nur 1-stündig
gegeben
- 208 Schüler nehmen am Gesangsunterricht teil
- Schwimmkurse werden von Mitgliedern des
Männer-Schwimmvereins München ab Juni 1919 im Müllerschen Volksbad angeboten, dann auch
im Ungererbad
- Der Bund "Jung-Bayern" wird gegründet
als Ersatz für die aufgelösten Jugendkompanien und die früher verpflichtenden, nun in
Misskredit geratenen Wehrkraftzüge
- Plädoyer des Rektors für die Einführung des
Arbeitsdienstes trotz der hohen Arbeitslosigkeit in der Bevölkerung, er begrüßt aber
die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht
- Die übriggebliebenen drei Abiturienten machen
ihren Abschluss am Ludwigsgymnasium
- Das Maximiliansgymnasium erhält im November 1918
eine eigene Abschlussklasse und führt ab Januar 1919 eine Sonderklasse für
Kriegsteilnehmer zum Abitur
- "Infolge der politischen Verhältnisse"
werden die Osterferien um zwei Wochen verlängert
- Konrektor Dr. Franz Lell wird Rektor in Weiden,
sein Nachfolger wird Dr. Ernst Bodensteiner vom Theresiengymnasium
- Grippeferien für zahlreiche Klassen
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1919 |
- 4.8.1919: Ende der fünfjährigen militärischen
Belegung des Maximiliansgymnasiums; Wiederinstandsetzung bis Schuljahresanfang
- Dr. Ernst Bodensteiner wird Konrektor
- 33 Schüler der 7. Bis 9. Klasse melden sich als
freiwillige Ordnungskräfte nach der Erklärung des Generalstreiks und dem Ausbruch der
Unruhen im Ruhrgebiet
- Schülerausschüsse werden gebildet, die das Recht
haben, "wohlbegründete Bitten, Wünsche und Beschwerden im Namen einzelner Schüler
oder der Gesamtheit beim Anstaltsvorstande vorzubringen" (Ministerialbekanntmachung
vom 1.12.1918)
- Elternbeirat, Schülerversammlungen und der
Lehrervertrauensrat werden institutionalisiert
Der erste Elternbeirat wird gewählt;
seine Aufgabe wird später im Jahre 1923 nach anfänglich großen Schwierigkeiten in der
Zusammenarbeit modifiziert: "Förderung der Beziehung zwischen Schule und Elternhaus
Teilnahme an der Erziehung der Schüler und Förderung der äußeren Schulverhältnisse,
kein Einfluss auf Unterrichtsverteilung, auf Schulleitung und Schulaufsicht"
- Wolfram-von-Eschenbach-Feier
- Einführung der Schülerspeisung für 89 Schüler
(eingerichtet vom amerikanischen Hilfsdienst der Quäker)
- Domprobst Joseph von Kögel, von 1885-1905
Religionslehrer am Maximiliansgymnasium, vermacht testamentarisch der Schule 3000 RM für
Stiftung für bedürftige Schüler
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1920 |
- Jahresbericht nicht erschienen
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1921 |
- Die Melbersche Schulreform von 1914 wird durch
Einführung von fünf Leistungsbewertungsgraden ergänzt
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1922 |
- Jahresbericht nicht erschienen
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